Seit Kurzem ist es nicht mehr möglich auf Instagram zu verfolgen welche Freunde welchen Beitrag wann geliked oder kommentiert haben – die „Stalking“ Funktion auf Instagram wurde bereits abgeschafft. Ob das Herzchen verteilen auf der Plattform nun auch gänzlich verschwindet bleibt allerdings noch abzuwarten. Der erste Testlauf In Kanada startete bereits im Mai, dessen Beispiel auch Irland, Italien, Japan, Brasilien, Australien und Neuseeland folgten.
Was steckt hinter der Änderung?
Die „Likes“ selbst werden wohl auch nach erfolgreichen Testläufen nicht gänzlich von Instagram verschwinden. Nutzer können weiterhin Bilder oder Videos die ihnen gefallen mit einem Herz versehen. Lediglich die Zahl, wie viele „Likes“ ein Post generiert hat ist öffentlich nicht mehr sichtbar, sondern nur noch für den Urheber. Unter den Beiträgen wird höchstens angezeigt, welchen Freunden das Bild auch gefallen hat.
„Likes“, insbesondere deren Anzahl birgt, vor allem bei jungen Menschen, das Risiko eines suchtähnlichen Verhaltens, welches möglicherweise das Selbstwertgefühl beeinflusst und in extremen Fällen Selbstzweifel und sogar Depressionen verursachen kann.
Um den Druck von Instagram – Posts zu nehmen, entschließt sich Instagram mit dem Statement:
„We want your followers to focus on what you share, not how many likes your posts get. During this test, only the person who shares a post will see the total number of likes it gets.“
seine Kernfunktion, vorläufig testweise, in manchen Ländern zu entfernen.
Aus Kanada scheint es bisher nur positive Rückmeldungen zu geben. Nutzer geben an so weniger darüber nachzudenken, ob es sich lohnt dieses oder jenes Bild zu posten.
Welche Vorteile ergeben sich daraus?
Wie bereits die Reaktionen aus Kanada zeigen, postet der einzelne Nutzer schneller, ohne langes Nachdenken oder die Bedenken, dass der eigene Beitrag nicht beliebt genug sein könnte. Das ist genau der Effekt, den Instagram sich durch diese Neuerung erhofft. Zurück zur eigentlichen Idee der Plattform – spontan und ungefiltert Bilder oder Videos mit Freunden zu teilen. So wird der Druck genommen online ein scheinbar „perfektes“ Bild von sich aufrecht zu erhalten.
Hinzu kommt, dass eine ohnehin schon hohe Anzahl an „Likes“ bei einem Foto auch weitere Nutzer dazu animiert ein Herz zu hinterlassen.
Häufig ist es außerdem so, dass einfache oder freizügige Posts mehr „Likes“ generieren und sich so immer weiter verbreiten. Daher besteht die Hoffnung, dass qualitativ hochwertigere Beiträge nun mehr Chance haben sich durchzusetzen und Freizügigkeit nicht mehr nur der Generierung von „Gefällt mir“- Angaben dient.
Welche Nachteile können durch die Neuerung entstehen?
Auch bisher gab es immer wieder Fälle, bei denen „Likes“ oder Followerzahlen von Accounts gekauft wurden. Bei Abschaffung der öffentlich sichtbaren „Like“ – Zahlen, könnte sich diese Problematik gänzlich auf das Kaufen von Followern verlagern, da diese als einziges Indiz der Reichweite übrig bleiben.
Früher war das Verhältnis zwischen Followerzahl und „Likes“ noch ein Hinweis, dass möglicherweise manipuliert wurde. Wenn ein Nutzer 50.000 Follower hat, pro Bild aber nur ca. 100 „Likes“, könnte es sich hier um eine Schummelei handeln. Dieses Indiz fällt somit weg und das Fälschen beziehungsweise Kaufen der Follower wird vereinfacht.
Wie wirkt sich die Neuerung auf die Werbebranche aus?
Da wie schon erwähnt Followerzahlen nicht zwingend aussagekräftig sind, wird in Zukunft vermutlich die Followerbindung der sogenannten Influencer im Marketing an Bedeutung gewinnen. Diese kann beispielsweise anhand von positivem Feedback in den Kommentaren ausgemacht werden.
Brand Fit und Audience Fit
werden schon jetzt immer relevanter. Diese decken Fragen wie „Wie gut passt der Influencer tatsächlich zur Marke/ zum Unternehmen?“ oder „Welche Zielgruppe wird mit den Beiträgen erreicht?“ ab. Der Erfolg einer Kampagne wird dann überwiegend nach der Tonalität und der Relevanz der Kommentare analysiert und bewertet.
Instagram als Vorreiter – gibt es bald gar keine Like-Buttons mehr?
Selbst der Twitter Gründer Jack Dorsey erwähnte, dass er bei einer Neugründung seiner Plattform vermutlich auf die „Like“- Funktion verzichten würde. Und auch Youtube führt Gespräche wie statt der bloßen Popularität durch den „Daumen hoch“ die Qualität der Videos gefördert werden kann. Facebook testet im Moment ebenfalls, zumindest eingeschränkt, den „Gefällt mir“ – Button für Seiten zu entfernen und nur noch die Möglichkeit zu abonnieren bestehen zu lassen. Die Veränderung ist zwar sehr subtil, dennoch ist man so nur noch Abonnent der Seite und nicht direkt Fan. Jedoch wird auch hier diskutiert, ob die „Gefällt mir“- Angaben komplett von der Plattform verschwinden sollen.
Fazit
Letztendlich ist es fraglich inwiefern der Druck ein „gutes“ Bild zu posten tatsächlich abnimmt, wenn man selbst noch immer die Anzahl der „Likes“ unter dem eigenen Post sieht. Wie bereits ausgeführt ist die Wahrscheinlichkeit, dass sich der Maßstab im Influencermarketing einfach nur auf Follower oder Kommentare als Alternative verschiebt. Wobei über die bloßen Kommentarzahlen noch keinerlei Aussage über die Haltung des Nutzers gegenüber dem Influencer getroffen werden kann. Hierfür müssten diese genauer betrachtet werden und auf positives beziehungsweise negatives Feedback geachtet werden.
Alles in allem ist es ein Schritt in die richtige Richtung, ein Schritt in Richtung weniger Druck in sozialen Netzwerken. Allerdings bleibt es weiter abzuwarten, ob es bei einem Testlauf bleibt oder global ausgeweitet wird, ob andere soziale Netzwerke diesem Beispiel folgen und wir möglicherweise bald ganz auf Herzen, „Likes“ und „Daumen hoch“ verzichten werden.