Ein Vorstellungsgespräch mit einem Roboter? Ein Telefoninterview mit Siri? So oder so ähnlich könnte man sich den Recruiting-Prozess in einem Science Fiction Film vorstellen. Aber ist das überhaupt so unrealistisch? Die fortschreitende Digitalisierung verändert alle Teile unseres Lebens zunehmend. Sei es autonomes Fahren oder die Steuerung unseres Privatlebens mittels Alexa und Co. – all das wäre vor einigen Jahren noch nicht vorstellbar gewesen. Und auch das Recruiting wird immer mehr digitalisiert und besteht schon lange nicht mehr nur aus einer Bewerbung, die man per Post vom Bewerber erhält und einem persönlichen Vorstellungsgespräch zu dem man per Anruf einlädt. Das Stichwort heißt „künstliche Intelligenz (KI)“. Im Moment steckt das auf Daten basierte Recruiting noch in den Kinderschuhen. Zwar gibt es schon einige Tools, das Potential ist aber noch lange nicht ausgeschöpft. Das wird sich aber in den nächsten Jahren ändern. Dieser Blogbeitrag erlaubt einen Blick in die Zukunft.
E-Recruiting – Was steckt dahinter?
Es gibt viele Möglichkeiten, das Recruiting zu digitalisieren. Viele dieser Möglichkeiten werden auch teilweise bereits angewendet. Wir stellen euch hier vier Ansätze vor, die im Recruiting der Zukunft eine wichtige Rolle spielen werden.
1| Die mobile Bewerbung
Recruiting-Spezialisten schreiben mobilen Bewerbungsformen, wie der One-Click-Bewerbung in Zukunft hohe Bedeutung zu. Hier ist aber bereits der nächste Trend zu spüren: Bewerber werden durch einen Algorithmus vermittelt. Hierbei werden den Bewerbern individualisierte und auf sie zugeschnittene Stellenangebote vorgeschlagen, indem der Algorithmus de Angebote sämtlicher Portale mit den Bewerberdaten abgleicht. Er verbessert sich im Lauf der Zeit, da er sich Treffer und Ähnlichkeiten merkt. Dies wird wohl klassische Bewerbungswege nicht ersetzen, aber auf jeden Fall ergänzen.
2| Von persönlicher zur automatisierten Kommunikation
Die automatische Kommunikation zwischen Bewerber und Maschine wird deutlich zunehmen. Sei es durch Chatbots, Instant Messaging Dienste oder automatisierte Telefonate – all das wird bald gang und gäbe sein. So muss man in manchen Firmen auch heute schon als ersten Schritt der Bewerbung ein Telefonat mit einer Sprachanalyse-Software führen, von der man Fragen gestellt bekommt, die unabhängig zur ausgeschriebenen Stelle sind und die dann mittels künstlicher Intelligenz kodiert werden. Die Ergebnisse geben dann Informationen über Persönlichkeit und Verhalten der Bewerber und helfen bei der Entscheidung, ob der Kandidat geeignet für die entsprechende Stelle ist.
3| Videobewerbung mit Gesichts- und Spracherkennung
Dank Digitalisierung und Videotelefonie kann man sich theoretisch weltweit auf jede Stelle bewerben. In Zukunft wird es jedoch noch einen weiteren Grund für Videointerviews geben: Gleichzeitig mit ihnen kann eine Analysesoftware durchgeführt werden, die den Inhalt des Gesagten, aber auch die Körpersprache, Mimik, Wortschatz und Ähnliches des Kandidaten analysiert und auswertet. Hierdurch kann man schnell sehr viel über die Persönlichkeit des Bewerbers erfahren.
4| Automatische Vorselektion durch CV-Screening
Automatisierte CV-Screenings helfen dabei, qualifizierte Bewerber schneller herauszufiltern. Dabei wird die gesamte Bewerbung, auch das Anschreiben und Zeugnisse, semantisch erfasst und daraus ein standardisiertes Kandidatenprofil erstellt. Somit kann Zeit gespart und ein besserer Vergleich gezogen werden. Dies kann auch so weit geführt werden, dass der Algorithmus Muster erkennt, die auf einen Zusammenhang zwischen Merkmalen erfolgreicher Mitarbeiter und neuer Bewerber zurückzuführen sind.
Vor- und Nachteile des E-Recruitings
+ Die menschliche Wahrnehmung ist fehlerhaft
Zwar ist der persönliche Eindruck natürlich auch sehr wichtig, jedoch tendieren wir Menschen dazu, andere Personen als sympathischer einzuschätzen, wenn diese Ähnlichkeiten mit uns selbst haben. Das führt zu Fehlern in der Wahrnehmung. Durch KI-gestützte Telefonate wird gewährleistet, dass ein Bewerbungsgespräch unvoreingenommen stattfinden kann. Jedoch ist es auch bei KI möglich, dass sich Vorurteile in den Algorithmus einschleichen, da sie lernfähig ist und vom Menschen lernt. So ist das Hauptziel, die Vielfältigkeit innerhalb eines Unternehmens gefährdet, wenn man sich zu sehr auf KI verlässt.
– Roboter und Algorithmen können Mitarbeiter ersetzen und somit Arbeitsplätze wegfallen lassen
2022 sollen fast 3,5 Millionen Stellen durch Roboter oder Algorithmen übernommen worden sein nach einer Bitkom-Studie. Jedoch werden Roboter auch neue Arbeitsplätze schaffen und so die Anzahl der Arbeitsplätze durch die Digitalisierung jährlich um 0,4 % steigern.
+ Durch die digitale Assistenz kann Zeit und Geld gespart werden
Es wird eine sinnvolle Vorauswahl getroffen aus Bewerbern, die die Grundvoraussetzungen erfüllen und im letzten Schritt kann dann entschieden werden, wer auch menschlich am besten ins Unternehmen passt.
– Datenschutz könnte in diesem Zusammenhang problematisch sein
Ein Algorithmus, der Daten über uns sammelt auf Grundlage dessen, wie wir sprechen oder uns bewegen, während eines Interviewvideos oder weil er unseren digitalen Fußabdruck ausgewertet hat? Klingt problematisch. Deshalb darf KI nur auf Daten zurückgreifen, die man freiwillig zur Verfügung stellt und diese müssen auch im jeweiligen Kontext betrachtet werden. Auch müssen die Kriterien, nach denen der Algorithmus bewertet, stets nachvollziehbar sein.
Fazit
Die Digitalisierung bietet im Recruiting viele neue und gute Möglichkeiten und Tools, die richtigen Bewerber zu finden und für sich zu gewinnen. Es gibt jedoch auch Probleme, für die noch nach Lösungen gesucht werden sollten. So wird alles, was die Digitalisierung berührt, komplexer und schwieriger zu handhaben. Deshalb müssen wir umdenken, wenn wir heute erfolgreiche Personalbeschaffung betreiben möchten. Fest steht, dass sich in diesem Bereich viel ändern wird. Künstliche Intelligenz wird immer wichtiger werden und früher oder später den ein oder anderen Angestellten überflüssig machen. Deshalb sollte man unbedingt einen Mittelweg finden. Denn Menschen haben Robotern und Algorithmen noch etwas sehr Entscheidendes voraus: Empathie und das Bauchgefühl, das oft entscheidend ist, wenn es um die Einschätzung einer anderen Person geht.