Die Welt wird immer digitalisierter: das ist uns allen bekannt. Würden wir deshalb wie in China üblich eine Bezahlsoftware verwenden, die nur auf Basis von Gesichtserkennung und der Eingabe der Telefonnummer funktioniert? Vermutlich ist die Antwort eher Nein. In Deutschland sind viele Leute schon entsetzt, wenn ich ihnen berichte, dass ich regelmäßig mit der Sparkassen App Überweisungen tätige. Das eigene Geld wird eben allgemein nur ungern elektronischer Technologie anvertraut. Doch wenn die biometrische Alternative nicht klappt, wird sich wenigstens das Mobile Payment in Deutschland durchsetzen? Heute gibt es einen Überblick über die Mobile Payment Landschaft in Deutschland und wo sich welche Probleme und Bedenken verstecken.
Um zu starten, benötigen wir eine anerkannte Definition des Begriffes „Mobile Payment“. Im Gabler Wirtschaftslexikon finden wir diese:
„Durchführung von Zahlungen über Smartphones. Dabei wird grundsätzlich unterschieden zwischen Zahlungen, die in räumlicher Nähe zum Zahlungsempfänger (z. B. Zahlungen in den Räumlichkeiten des Händlers) ausgeführt werden und solchen, die in räumlicher Distanz zum Empfänger ausgeführt werden (z. B. Zahlungen im Onlinehandel). Die Transaktion kann im Hintergrund über klassische Zahlungsinstrumente wie z. B. Überweisung, Lastschrift, Kartenzahlung oder E-Geld-Zahlung abgewickelt werden.“
Grundsätzlich könnte man zu Smartphones warscheinlich noch Smartwatches ergänzen.
Die Funktionsweise des M-Payments ist einfach:
1| Zuerst muss sich der Bezahler die App des jeweiligen M-Payment-Anbieters herunterladen.
2| Darauf wird ein Abrechnungsverfahren gewählt. Das kann zum Beispiel Kreditkarte oder Lastschriftverfahren sein.
3| Der Bezahlvorgang an sich ist sehr einfach: Das jeweilige mobile Gerät wird in die Nähe des Terminals gehalten oder es wird ein QR-Code auf dem Handy Display gescannt.
Wenn nicht direkt in der Nähe des Zahlungsempfängers gezahlt wird, sondern über das Internet, gibt es bei vielen Anbietern auch die Möglichkeit, die Apps für Online-Zahlungen anzuwenden.
Aktueller Stand des Mobile Payments in Deutschland
Google Pay
Seit Juni diesen Jahres gibt es Google Pay auch für deutsche Nutzer. Mit Google Pay kann man sein Handy ohne Probleme als Kreditkartenersatz nutzen: das allerdings nur mit einigen Einschränkungen. Mobile Payment funktioniert nämlich mit Near Field Communication (NFC). Logischerweise kann man NFC nur nutzen, wenn das Handy einen NFC-Chip besitzt. Das stellt eigentlich kein Problem dar. Allerdings möchte Apple die NFC-Schnittstelle nicht freigeben und das hat natürlich zur Folge, dass nur Android-Nutzer Google Pay in Gebrauch nehmen können. Zusätzlich funktioniert das System zurzeit nur hinterlegt mit Kreditkarten, da diese einen bestimmten Verschlüsselungsprozess unterstützen, den Google als unabdingbar ansieht. Zu allem Überfluss unterstützen nur einige Karten Google Pay. Zu diesen zählen: N26-Mastercard, Comdirect-Visa, Commerzbank-Mastercard, Commerzbank-Visa und die Boon-Mastercard. EC-Karten wiederum unterstützen den Verschlüsselungsprozess nicht. Auf der anderen Seite muss das Zahlterminal des Anbieters den EMV-Kontaklos-Standard unterstützen. Das kann man an dem „Kontaklos-Logo“ erkennen, welches dem WLAN-Logo ähnelt.
Payback Pay
Kontaktlos zahlen kann man mit Payback Pay bei diesen Händlern: Alnatura, Aral, dm, Galeria Kaufhof, Real, Rewe, Tee Gschwendner und Thalia. Dafür muss man sich auch einfach in einer App anmelden, mit der man beim Bezahlen auch payback Punkte sammeln kann.
Andere hauseigene Systeme
Zusätzlich zu Google und Payback haben auch andere Marken hauseigene Bezahlsysteme entwickelt. Das sind Edeka, Netto, Starbucks und Vapiano.
Probleme:
1| Bargeldloses Zahlen ist in Deutschland einfach noch nicht so angekommen.
Laut statista gehen 38% der Deutschen mindestens einmal pro Woche zum Geldautomaten, um dort Bargeld abzuheben. Dazu kommen 28%, die seltener bis nie in Geschäften mit Karte bezahlen. Allein die Tatsache, dass der Karte immer noch das Bargeld vorgezogen wird, zeigt, dass die Deutschen den elektronischen Bezahlmethoden kritisch gegenüber stehen. Ganze 97% nutzen nie bargeldlose Zahlungssysteme per Smartphone. Diese Prozentzahl unterstreicht meine Aussage vom Anfang: das Smartphone wird von vielen nicht als ausreichend vertrauensvoll angesehen, um es für Bankgeschäfte zu nutzen.
2| Datenschutz
Meine Aussage, dass wir uns nicht trauen, Rechnungen mit Gesichtserkennung zu begleichen, ging vielleicht etwas zu weit. Die DSGVO sitzt uns nämlich allen noch im Nacken und der Datenschutz wird in Deutschland so stark ausgeübt, wie in keinem anderen Land. Selbst wenn wir also aufgeschlossen gegenüber neuen Bezahlmethoden sein würden, wären diese schwer umzusetzen. Weiter noch haben die Bürger selbst ein starkes Bedürfnis nach dem Schutz ihrer Daten. Kontaktloses Bezahlen ohne PIN-Eingabe ist für viele vielleicht einfach zu risikoreich.
3| Keine Allround-Lösung
In Deutschland fehlt ein System, dass für jedes Produkt und in jedem Geschäft funktioniert. Die oben aufgeführten Möglichkeiten für bargeldloses Zahlen zeigen schon wie vielfältig die verschiedenen Lösungen sind. Eine neue Bezahlmethode kann nur durchgesetzt werden, wenn viele Nutzer sie besser als die vorherige einschätzen, sie mehr Spaß bei der Bedienung haben und sie das Gefühl haben, die Methode ist sicher. Es gibt bis jetzt keinen Dienst der diese Punkte alle erfüllt hat. Bis jetzt gibt es einfach noch keinen Dienst, der dem Nutzer einen erkennbaren Mehrwert aufzeigt.
Fazit
Um ein funktionierendes System durchzusetzen, müssen Banken und Händler miteinander kooperieren. Es bedarf einheitlichen technischen Standards, die gewährleisten können, dass die Kommunikation und Transaktion zwischen Bankkonto und App einwandfrei laufen. Marketingmaßnahmen müssten viel stärker ausgearbeitet werden, um eine breite Masse vom System zu überzeugen. Wann genau der Zeitpunkt sein wird, an dem wir uns sicher fühlen und einen erkennbaren Mehrwert aus einer neuen Bezahlungsart ziehen können, das weiß noch keiner so genau… Vielleicht werden wir noch eine lange Zeit unser Papiergeld verwenden und nicht unser Gesicht oder unser Telefon, um unsere Ausgaben zu tätigen. Es hat ja auch nichts schlechtes, sich nicht immer auf die Elektronik zu verlassen.

Leser-Umfrage:
Schreibt doch einen Kommentar, ob ihr schon einmal Mobile Payment verwendet habt, ob ihr lieber mit Karte oder bar zahlt und wie ihr das Bezahlen mittels biometrischen Kennzeichen einschätzt.
Verglichen mit meinem Freundeskreis kann ich nur bestätigen, dass die meisten noch an der Barzahlung festhalten. Auch ich bin einer der wenigen, die häufig die Sparkassen App oder Paypal zum zahlen benutzten.
Daher denke ich, dass es noch mehrere Jahre dauern wird, bis sich das mobile payment durchsetzen wird,
Außerdem sehe ich dadurch ein Problem für etliche Hilfsorganisationen, die von den spontanen Spenden von Kunden angewiesen sind, die ihr Kleingeld in Spendenboxen an den Kassen hinterlassen, wie zum Beispiel bei vielen Fastfoodketten.
Dennoch würde ich es als Vorteil insgesamt sehen.
Hallo Leo,
danke, dass du deine Erfahrungen teilst!
Interessant, dass du auch meine Meinung vertrittst und berichtest, dass deine Freunde auch eher noch Barzahler sind.
An den Punkt mit den Hilfsorganisationen habe ich gar nicht gedacht. Da hast du Recht wenn du sagst, dass mobile payment hier eher einen Nachteil darstellt.
Liebe Grüße,
Zoe